Theresa: Kakaobäuerin und Schokoladenfabrikantin

mit Keine Kommentare

Vom Verkaufspreis einer Tafel Schokolade bekommt ein Kakaobauer gerade mal sechs Prozent. Das große Geld machen die Schokoladenhersteller. Bei Kuapa Kokoo ist das anders: Die ghanaische Kakaobauern-Genossenschaft ist Miteigentümerin zweier Schokoladenfabriken. So profitieren die Bauern doppelt: Vom Kakaoanbau und der Schokoladenproduktion!

„Kuapa Kokoo Papa Paa!“ rief uns Theresa Boachem entgegen, als wir vergangenen Dezember ihr Kakaofeld betraten. Umgehend erklärte sie: „Das ist unser Slogan und heißt übersetzt »Kuapa Kakao ist sehr, sehr gut!« Ich freue mich, dass ihr hier seid. Akwaaba! Herzlich Willkommen!“ Theresa und ihr Mann Prince Abdu-Boachem sind Mitglieder bei Kuapa Kokoo. Die Genossenschaft vereint in Ghana über 85.000 Kakaobauern. Alle sind Kleinproduzenten und bewirtschaften im Durchschnitt etwa zwei Hektar Land.

Die Kakaobauern helfen sich in der Erntezeit gegenseitig

„Am selben Kakaobaum gibt es zur gleichen Zeit Blüten, unreife und reife Früchte. Momentan ist Haupterntezeit. Die reicht in Ghana von Oktober bis März. In diesen Monaten haben wir unglaublich viel Arbeit“, erzählte uns Theresa, während sie mit einer Machete gelbe, orange und rote Kakaofrüchte von ihren fünf Meter hohen Bäumen schnitt. Prince sammelte die geernteten Früchte auf und brachte sie zu einem riesigen Kakaofrüchte-Haufen. Gemächlich versammelten sich um diesen elf männliche Nachbarn, um Prince beim Aufbrechen der Früchte zu unterstützen. „Bei uns gibt es »Nnoboa«. Das bedeutet, dass wir uns gegenseitig helfen, wie beispielsweise beim Herauslösen der Kakaobohnen aus den Schalen. Einer alleine würde das gar nicht schaffen. Das würde viel zu lange dauern,“ lies uns unser Gastgeber wissen. Ein Kakaobaum bringt im Jahr 20 bis 30 Kakaofrüchte hervor. In jeder befinden sich 20 bis 50 Kakaobohnen, die das Kapital der Bauern sind!

Die Kakaobohnen müssen aus den Früchten herausgelöst, fermentiert und getrocknet werden

Lachend drückte Prince Michael eine Machete in die Hand und alle elf Nachbarn begannen gleichzeitig, dem Gast aus Deutschland zu erklären, was nun zu tun war: Mehrmals musste Michael eine Kakaofrucht vom Haufen nehmen, sie mit einem harten (aber nicht zu harten) Machetenschlag öffnen und die Kakaobohnen vorsichtig aus der dicken Schale herauspulen. Sein ungelenkes Hantieren führte zu großer Erheiterung und schnell war klar, dass der weiße Fremde keine wirkliche Hilfe darstellt! Trotz Michaels Intermezzo benötigten die Bauern nur eine Stunde, um den Kakaofrüchte-Haufen abzuarbeiten. Prince schichtete einen zweiten Haufen auf, diesmal mit den herausgelösten Kakaobohnen, die er gewissenhaft unter Bananenblättern versteckte. So zugedeckt kommt es zur Fermentation und die Bohnen entwickeln innerhalb sechs Tagen ihren typischen Schokoladengeschmack. „Nach der Fermentation trocknen wir die Kakaobohnen in der Sonne. Das geschieht nicht auf dem Feld, sondern in unserem Dorf auf riesigen Holzgestellen. Während des Trocknens müssen die Bohnen immer wieder gewendet werden. Es dauert sieben Tage, bis sie nur noch einen Feuchtigkeitsgehalt von sechs bis sieben Prozent aufweisen und wir sie verkaufen können“, so Prince.

Wir wurden zum Fufu-Essen eingeladen

Theresa und Prince leben in Morso, einem kleinen stromlosen Dorf mit Lehmhäusern. Neben zahlreichen Kakao-Trockengestellen gibt es einen Brunnen, eine Schule, einen Gesundheitsposten und unzählige Kinder, die uns lachend umringten, während die Dorfältesten auf dem Dorfplatz Dame spielten. Wir haben die entspannte Atmosphäre sehr genossen und waren erfreut, als uns Theresa und Prince zu sich nach Hause einluden. Die beiden bewohnen einen kleinen Hof mit Plumpsklo, einfacher Waschgelegenheit und Kochstelle im Freien. Über dem offenen Feuer köchelte ein Gemisch aus Kochbananen und Maniok, das Theresa und Prince gemeinsam mit einem übergroßen Mörser zu einem festen Brei stampften. Fufu heißt die ghanaische Spezialität und Theresa servierte sie uns mit einer würzig-scharfen Erdnusssuppe. Wie unsere Gastgeber, so haben auch wir den Fufu mit den Fingern gegessen und fanden ihn äußerst schmackhaft. „Für Lebensmittel müssen wir kaum etwas ausgeben, denn wir bauen fast alles selbst an. Geld benötigen wir für Kleidung, Arztbesuche und die Ausbildung unserer Kinder. Alle unsere Einnahmen kommen aus dem Kakaoanbau, wobei unser Verdienst höher ist, seit wir Mitglieder bei Kuapa Kokoo sind,“ erzählte uns Theresa begeistert.

Kuapa Kokoo bringt fair gehandelten Kakao auf den Markt

In Ghana kontrolliert das COCOBOD den nationalen Kakaomarkt. Die staatliche Institution diktiert den Kakaopreis und hat das alleinige Recht, Kakao ins Ausland zu verkaufen. Lediglich auf der Ebene des Kakaoaufkaufs gibt es 20 nichtstaatliche Händler und einer von ihnen ist Kuapa Kokoo. Allerdings ist Kuapa Kokoo kein normales Aufkaufunternehmen, sondern eine Kakaobauern-Genossenschaft mit über 85.000 Mitgliedern. „Um als Aufkäufer tätig sein zu können, mussten wir beim COCOBOD eine Lizenz beantragen. Wir müssen ganz bestimmte Anforderungen erfüllen und haben kaum einen Handlungsspielraum“, klärte uns Kuapa-Kokoo-Öffentlichkeitsmitarbeiter Francis Frimpong auf. Konkret heißt das, dass Kuapa Kokoo die Kakaobohnen seiner Mitgliedern zu einem Preis aufkaufen muss, den das COCOBOD jährlich ghanaweit festsetzt. Er beträgt stets circa 70 Prozent des Weltmarktpreises. Weiterhin ist Kuapa Kokoo gezwungen, den aufgekauften Kakao ans COCOBOD abzugeben, das ihn dann zum Weltmarktpreis exportiert. Die Differenz zwischen Aufkauf- und Weltmarktpreis kommt dem Staat zugute. „In diesem starren System ermöglicht es uns einzig der Faire Handel, den Bauern mehr Geld zukommen zu lassen. Kuapa Kokoo wurde 1993 gegründet und ist seit 1994 Fairtrade-zertifiziert“, setzte Francis seine Ausführungen fort.

Kuapa Kokoo engagiert sich für die Abschaffung der Kinderarbeit

Kuapa Kokoo verkauft 22 Prozent seines Kakaos über den Fairen Handel. In diesem Fall zahlen die Fair-Handels-Partner den normalen Weltmarktpreis ans COCOBOD. Kakao-Mehrpreis und Fairtrade-Prämie, die Fair-Handels-Partner zusätzlich entrichten, gehen direkt an Kuapa Kokoo und werden an die Mitglieder weitergeleitet. Pro Tonne Kakao beträgt die Fairtrade-Prämie 200 US-Dollar. Mit diesem Zusatzgeld baut Kuapa Kokoo in den Dörfern Schulen, Brunnen und Toiletten. Es werden Fortbildungen zu Themen wie Management und Nachhaltige Landwirtschaft durchgeführt. Außerdem sensibilisiert die Genossenschaft in Workshops, Filmen und Radiobeiträgen für die Rechte der Kinder und es gibt ein Programm zur Abschaffung von Kinderarbeit, die auf Ghanas Kakaofeldern weit verbreitet ist. Ein weiteres großes Anliegen Kuapa Kokoos ist die Gleichstellung von Mann und Frau. „Ich bin hier bei uns in Morso die Sprecherin der Kakaobauern. Am Anfang war das gar nicht so einfach, weil sich die Männer von einer Frau nichts sagen lassen wollten. Zwischenzeitlich haben sie sich an mich gewöhnt und ich bin stolz, dass ich eine so wichtige Funktion innehabe“, berichtete uns Theresa stolz. Dass sie auch Miteigentümerin zweier Schokoladenfabriken in England und den USA ist, findet sie natürlich ebenfalls klasse.

Kuapa Kokoo hält 45 Prozent der Anteile von Divine Chocolate Limited

Das große Geld wird nämlich nicht mit dem Kakaoanbau gemacht, sondern mit der Kakaoverarbeitung und Schokoladenherstellung. Vom Verkaufspreis einer handelsüblichen Tafel Schokolade kommen den Kakaobauern gerade mal sechs Prozent zugute. Der Rest geht an den Zwischen- und Einzelhandel (24 Prozent) sowie vor allem an die Kakaoverarbeiter und Schokoladenhersteller (70 Prozent). Bei Kuapa Kokoo ist das anders, denn die Genossenschaft ist Anteilseignerin zweier Schokoladenfabriken in England und den USA. Divine Chocolate Limited heißt das außergewöhnliche Unternehmen. Es wurde 1998 gegründet und verarbeitet ausschließlich fair gehandelte Kakaobohnen von Kuapa Kokoo. Die Genossenschaft hält 45 Prozent der Anteile von Divine Chocolate Limited, 42 Prozent besitzt die englische Nichtregierungsorganisation Twin Trading und 12 Prozent die ökumenische Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit. Kuapa Kokoo ist mit einer Person im zehnköpfigen Vorstand vertreten und eins von vier Vorstandstreffen, die jährlich abgehalten werden, findet in Ghana statt. Selbstverständlich erhalten die Bauern neben einem fairen Preis für ihre Kakaobohnen eine Rendite aus dem Verkauf der Schokolade. Divine Schokolade wird vor allem in den großen Supermarktketten Großbritanniens und in den USA verkauft. In Deutschland ist das süße Fairgnügen bislang nur schwer erhältlich, was wir persönlich sehr, sehr schade finden …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

elf + 6 =